Texte
Beatrix Bakondy beschäftigt sich mit Raum. So simpel der Einleitungssatz zu dem Essay über Beatrix Bakondys künstlerische Arbeit klingt, so komplex ist die künstlerische Behauptung, die dem zugrunde liegt. Im Angesicht der Vielfältigkeit und Vielschichtigkeit der räumlichen Bezüge in ihrer Arbeit lohnt es sich, über einige der grundlegenden Bezugs- und Verhältnissysteme einer sogenannten Raumtheorie nachzudenken. Es gibt selten so ausgeprägte und klar formulierte Arbeiten, die dies mit dieser Konsequenz tun und daher diesen Denkraum erst möglich machen.
Wie vage Erinnerungen tauchen
die zart glühenden Nebelgespinste
aus dem Schatten hervor;
schmiegen sich an die gläserne
Trennfläche des Bilderrahmens;
saugen an den streifenden Blicken
des Betrachters, als ob in dessen Augen ein vergessenes Versprechen schlummerte, das man sich einst gegenseitig gegeben hatte
und für das nun endlich
der Zeitpunkt gekommen ist,
eingelöst zu werden.
Gegeben ist eine Wohnung im zweiten Wiener Gemeindebezirk. Sie ist im Begriff, sich in ein Atelier zu wandeln. Langsam vermisst eine Kamera die Gegebenheiten. Sie nimmt Farben und Oberflächen auf, zieht an Wänden und Fenstern vorbei, fängt die Lichtstimmung – sie ist herbstlich – ein. Dabei entfaltet die Bewegung der Kamera einen Raum, der auf den allerersten Blick keine Auffälligkeiten preisgibt. Die im Schwenk verstreichende Zeit verrät allerdings, dass es hier nicht mit (lot)rechten Dingen zugeht.
Die Urbanität einer Stadt besteht darin, dass sie ein Areal von Möglichkeiten darstellt: Man geht um die Ecke, und schon ist alles anders. Manchmal ist es so sehr anders, dass man es nicht für möglich gehalten hätte. Im Übrigen ist
keine Stadt ausschließlich urban. Städter haben auch Lust, ihre Stadt zu verdörflichen, also in der Stadt Ruhepunkte zu finden, wo sie nicht überrascht werden, wo alles gleich überschaubar erscheint. Eine Stadt kann man also nicht zuletzt aus der Perspektive beobachten, wie in ihr statische und wechselhafte Momente ausbalanciert sind (ob das Statische vorherrscht oder ob der Wechsel außer Kontrolle gerät).
In den Arbeiten von Beatrix Bakondy begegnet uns das Phänomen des Raumes paradoxerweise durch dessen Abwesenheit.
Kann Raum ohne Materie existieren?
Bedingt erst die Existenz von Raum die Existenz von Zeit?